Sie schläft wieder lange.
Sie möchte was zum kochen einkaufen. Ich bitte Sie erst mal zu schauen, ob Dinge vielleicht schon da sind. Es fehlen Gewürze, aber es geht auch ohne. Sie kocht lange und sehr aufmerksam. Sie kocht mit viel Liebe und Hingabe. Es duftet und ich bekomme richtig Hunger. Ich sage immer wieder, wie gut es riecht. Ich glaube, ich sage es zu oft. Sie glaubt mir nicht mehr. Aber es riecht wirklich gut. Es gibt Suppe. Das scheint wirklich sehr wichtig zu sein. Sie kocht Fleisch, schöpft den Schaum kontinuierlich ab. Sie brät Gemüse an. Es ist sehr sehr lecker.
Nach dem Essen gehen wir zum Lager, leider ist es schon leer. Sie kann nicht nach Kleidung schauen. Leider sagt sie mir nicht, was sie sucht vielleicht kann ich das auch einfach nicht so gut verstehen.
Sie fragt mich wo der nächste Luftschutzbunker ist. Ich denke an eine falsche Übersetzung. Wo würde ich mich verstecken? Ich antworte mit Gegenfragen. Warum sollte ich mich verstecken? Sie lässt nicht locker. Kann man in Berlin in die U-Bahn Station gehen? Nein kann man nicht, die sind direkt unter der Straße. Es gibt keine Bunker mehr hier. Und selbst wenn, sind die nicht so tief, wie die U-Bahn, die sie kennt. Ich antworte doch. Ich würde aus der Stadt raus aufs Land gehen. Zurück in meine Heimat. Da ist nichts, einfach nichts, da wird alles heil bleiben.
Zum Busbahnhof will sie nicht mehr. Es gibt wahrscheinlich einen Platz in Frankfurt für sie und ihre Hunde. Das wäre schön, sie braucht Kommunikation.
Danach gehen wir noch einmal in die Unterkunft. Die Mutter wartet, schon den ganzen Tag. Sie freut sich uns zu sehen.
Die SIM Karte geht immer noch nicht. Ich starte das Handy 5x neu. Beim sechsten mal geht es.
Ich drücke zu schnell. Eigentlich will ich die SIM Pin ausschalten. Aber ich schalte die Pin Display Sperre ein. Es ist schwierig das wieder auszuschalten. Aber ich kämpfe mich durch und bekomme es hin.
Die Mutter erklärt sich bereit weiter zu einer Freundin zu reisen. Freitag oder Montag. Das wäre gut. Da wäre sie in einer Familie.
Danach gehe ich schnell nach Haus. Ich will unbedingt zum Sport heute. Das ist mir wichtig. Ich schaffe es auch.
Danach der Schock. Die Freundin hat andere aufgenommen und jetzt ist kein Platz mehr da. Ich muss das klären… Das muss ein Missverständnis sein. Wo soll die Mutter sonst hin? Es wäre schrecklich.
Aber so vielen Menschen geht es so. Sie haben keine Freunde und keine Verwandten. Wo sollen sie hin? Viele können sich keine neue Existenz aufbauen, sie sind zu alt. Es ist schrecklich.
Wir reden vom Krieg. Wann endet er? Wir können beide nicht schlafen deswegen. Was passiert, wenn sie ihren Mann nicht mehr erreichen kann? Ich finde andere Erklärungen, wohl wissend, dass es auch nur eine Lüge ist. Wenn sie ihren Mann nicht mehr erreicht, dann hat sie ihn nur noch im Herzen.
Sie liest, dass mehr Bomben fallen. Leider war das zu erwarten. So schrecklich das auch klingt. Das war die Wahl von Anfang an, Unterjochung oder Zerstörung. Und mittlerweile ist die Zerstörung so groß, dass man sich fragt ob Unterjochung nicht doch von Anfang an besser gewesen wäre.
Ich träume immer noch. Die Ukraine wird neu aufgebaut. Alles modern und ökologisch. Nachdem der Krieg vorbei ist, ist da so viel Aufschwung und Innovation, aber auch Mut und der Wille der Umsetzung, dass es nicht lange Dauer. Es wird wie im Bilderbuch und auf der Wiese grasen Einhörner.